"Ich habe meinen Partner aber gesehen", hören wir immer wieder.
Nein, es geht dabei nicht um ein Treffen, wo man sich real gegenüber sitzt, sondern um Videoanrufe über Hangout oder Skype.

Tatsächlich werden sie häufig von Scammern verwendet, um ihre Story glaubhafter und lebendiger zu gestalten.
Zumindest von denen, die sich auf den Profilen der Menschen bedient haben, die viel und gerne Material von sich ins Netz gestellt haben, unter anderem eben auch Videos.
Denn diese können ebenso kopiert und für eigene Zwecke verwendet werden wie Fotos.

Dazu braucht nur der Ton weggelassen zu werden und der Scammer spricht dazu.
Die Mundbewegungen stimmen nicht zu hundert Prozent überein?
Kein Problem!
Bei der Entfernung ist natürlich die Leitung immer gestört und die Übertragung schlecht, behauptet der Betrüger.

Erstaunlich oft wird auch der Videocall mit fast dunklem oder ganz dunklem Bildschirm gemacht, das Opfer sieht nur dunkle Umrisse und hört die Stimme dazu.
Natürlich stimmt dann etwas mit der Technik nicht und es ist auch auf Dauer wohl nicht zu reparieren.
Dennoch ist der psychologische Effekt nicht zu unterschätzen.
Selbst wenn nur schemenhaft etwas zu sehen war, glaubt das Opfer meist die Geschichte, die darum gestrickt wurde.
Der Wunsch, dem Anderen näher zu kommen, zu sehen, wie er sich bewegt und zu hören, wie er klingt, ist so vordringlich, dass alle Ungereimtheiten in den Hintergrund geschoben werden.

Der Scammer möchte auch - je nach Fähigkeiten - durchaus gerne seine Stimme einsetzen, um ein Opfer noch mehr an sich zu binden.
Wenn er Telefonanrufe einsetzt, dann macht er das regelmäßig und lässt erkennen, dass ihm der Kontakt zum anderen wichtig ist..
Dadurch entsteht zum einen Kontrolle, das Opfer lernt, dass es sich nach ihm richten soll, zum anderen eben das Gefühl, das jemand sich für den Alltag des anderen interessiert und an ihm teilhaben möchte - für viele Frauen besser als ein Sechser im Lotto, da die Herren der Schöpfung das meist als nicht so wichtig ansehen.
Das haben die Romance Scammer erkannt und arbeiten äußerst konstruktiv damit.

Möchte man einen Streit riskieren, indem man skeptisch ist und Vorhaltungen macht, dass etwas nicht stimmt?
Natürlich nicht, und der Betrüger reagiert auf Skepsis auch prompt mit selbstgerechter Entrüstung.
Ganz schnell ist es aus mit der Zuneigung.
Aus der Ferne strömt dann grenzenlose Enttäuschung über Misstrauen und es hagelt Vorwürfe, dass Liebende einander doch vertrauen.
Hat ER denn je an IHR gezweifelt?

Das ist ein sehr wirksames Mittel, wenn das Opfer bereits abhängig von seinem Wohlwollen geworden ist und die Harmonie der neuen Liebe nicht gefährden will.

Fakt ist aber: ein Videochat ist absolut kein eindeutiger Beweis für die Echtheit der Internetbekanntschaft!

Tutorials, um Videocalls zu fälschen, gibt es übrigens frei zugänglich im Internet.
Zum Beispiel hier:

https://medium.com/@juliussolomon/how-to...ut-3a2d611457dc