Irgendwann wird alles zu abstrus und man spricht seine Internetbekanntschaft auf die sich mittlerweile summierenden Ungereimtheiten an.
Meist wird er zuerst vehement alles abstreiten und einfach neue Geschichten erfinden.
Das Foto hat nicht ER geklaut, nein, SEIN Foto wurde von anderen missbraucht, sein Facebook-Account wurde gehackt...usw.

Wenn nichts mehr klappt im Scam, gibt es den Plan B.
Er gibt zu Afrikaner zu sein und erzählt eine Rührstory, warum ihn das Leben so gebeutelt hat, dass er gezwungen war, einer so derart beschämenden Tätigkeit nach zu gehen.
Lieber wäre er doch IT-Entwickler oder Lehrer geworden, aber es gibt für ihn ja keine Chancen...
Außerdem ist die Mutter krank, und für den Bruder können keine Schulgebühren bezahlt werden... und, und, und...(auch hier sind der Kreativität ja kaum Grenzen gesetzt)

Wen wundert's - er fragt nach Geld, damit ihm aus dieser schlimmen Lage geholfen wird und er ein anständiger Mensch werden kann.
Wenn er das Geld fürs Essen ganz legal geschenkt bekommt, braucht er auch keine Frauen mehr betrügen,.... sagt er...
Wenn es andere Möglichkeiten gäbe, hätte er das nie gemacht, aber das Leben in Afrika ist ja so hart...

Das mag jetzt zynisch klingen, aber nach ausgiebigem Kontakt mit vielen Scammern und den Geschichten zahlreicher Opfer, lässt sich dazu ganz kurz sagen:
es handelt sich um maximale Profitausschöpfung!

Beim Scammen geht es darum, sein Opfer so lange zu bedrängen, bis es keinen Ertrag mehr liefert und selbst dann werden seine Daten noch an andere Betrüger weiter verkauft.
Alles dreht sich um Geld, und wenn der Scam ein jähes Ende findet, weil das Opfer misstrauisch wurde, dann muss der Scammer eben die Fahrtrichtung ändern und den betretenen armen Jungen spielen, der durch die schlimmen Umstände zu dieser Tätigkeit gezwungen war.
Dann kann es sein, dass der Geldhahn wieder aufgedreht wird.

Meistens läuft es so ab:
Er wird (noch in seiner Rolle) damit konfrontiert, dass er ein Betrüger ist und gibt sich rechtschaffen entrüstet.
Nie im Leben, er sei ein ehrlicher Mensch und das ist eine haltlose Unterstellung... usw.

Geht es danach weiter, wird er zum schuldbewussten armen Jungen, der keine Chance bekam und dabei so gerne etwas Gutes im Leben getan hätte.
Aber vielleicht kann er das ja noch, wenn er jetzt eine weiße Mutter (Freundin, Unterstützerin) hat, die ihn auf den rechten Weg bringt und die ihm vor allem die Mittel gibt, die er braucht, damit er nicht mehr scammen muss?

Läuft das, hat er ein nettes Einkommen nebenher und geht hauptberuflich seiner Tätigkeit als Scammer weiter nach.
Verhält sich das Opfer ablehnend und möchte mehr darüber wissen, wie er das mit seinem Gewissen vereinbaren konnte und was er als Wiedergutmachung zu tun gedenkt, wird er trotzig und abwehrend.
Das war doch alles nicht so schlimm, ist doch nur Internet, niemand ist überfallen, verletzt, getötet worden, wie er es jeden Tag in Afrika erlebt.
Die Menschen in den Industrieländern haben doch genug Geld!
Und außerdem geht es um lang überfällige Wiedergutmachung für die Kolonialzeit und den Sklavenhandel.

Möchte man das weiter besprechen und die kruden Thesen relativieren, wird der unschuldige Junge meist postwendend ausfallend und ordinär.
Nicht selten endet eine Konversation, die man ehrlich, aber auch kritisch führen wollte mit "Fuck you, bitch!"

Hier geht es zu einem Gespräch mit einem enttarnten Scammer, der mir das Blaue vom Himmel versprochen hat, während er mich auf einem anderen Mailaccount um 15.000,- € abzocken wollte:

Gespräch mit einem Scammer, der zum Bettler wird